Nachlese: IKT Trends 2020 – Elektronik aus Europa

Bei der zweiten Veranstaltung zur Reihe IKT Trends 2020 am 7. Mai 2013 stand Europa als High-Tech-Standort im Mittelpunkt.

Reinhard Ploss, Infineon

Reinhard Ploss, Infineon

Reinhard Ploss, Vorstandsvorsitzender der Infineon Technologies AG, beleuchtete in seiner Keynote längerfristige industrielle Perspektiven vor dem Hintergrund der gegenwärtigen europäischen Debatte zur Reindustrialisierung:

Nicht nur lokale Überlegungen, sondern globales Denken sei notwendig, um Europa für die Zukunft wettbewerbsfähig zu machen. „Die Lösung kann dann durchaus im Lokalen liegen“, so Ploss. China werde in Zukunft eine immer größere Rolle spielen.

Um Entwicklungen in Europa voranzutreiben, müsse der Blick aus Europa gerichtet werden – d.h. nicht auf den Wettbewerb in Europa, sondern auf den globalen Wettbewerb. Was sind die heutigen Herausforderungen? Wie kann sich Europa differenzieren? Bei welchen Kompetenzen hat Europa einen Vorsprung und wie lange kann dieser gehalten werden? „In der Chipherstellung hält ein Vorsprung maximal für ein bis zwei Jahre“, so Ploss. Für die Zukunft bedeute das: Erst das Verknüpfen einzelner Kompetenzen miteinander bringt Nachhaltigkeit. Zentral für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg Europas sind die Key Enabling Technologies (KET), also Schlüsseltechnologien wie die Mikro- und Nanotechnologie – einschließlich Halbleiter. „Kompetenzen zu den richtigen Themen zusammenzuführen und das in der richtigen Geschwindigkeit“, damit könne laut Ploss der Weg in die Zukunft der Industrie in Europa gestaltet werden. Ploss warnt allerdings vor der Verzettelung – „damit werden keine Brücken gebaut“. Infineon empfiehlt daher als Strategie für Europa, KET mit Pilot Linien (Pilot Lines) zu verbinden.

Axel Freyberg, AT Kearney

Axel Freyberg, AT Kearney

Axel Freyberg von A.T. Kearney Deutschland gab im Anschluss einen Überblick über die Zukunft von High-Tech in Europa:

Es gelte die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Europa zu steigern. Dazu sei ein Überblick über alle Bereiche der Industrie notwendig. Das Wachstum passiere im Moment in Asien. High-Tech sei zwar ein wichtiges Segment in Europa, aber Europa habe an Wettbewerbsfähigkeit aus vielfältigen Gründen verloren.

  • Wenig Innovation
  • Ausbildungsproblematik
  • strategische Fehler in der Vergangenheit…

… waren nur einige der Punkte, die Freyberg als Begründung anführte. „Der Status von IKT und High-Tech muss verbessert werden. IKT Sektoren sind key enabler für andere Industriebereiche“, so Freyberg.

Ein prominent besetztes Panel stellte sich im Anschluss den Fragen von Moderator Richard Hagelauer, Johannes Kepler Universität Linz (JKU Linz):

  • Was muss Europa tun, um den Herausforderungen des großen Human Capital von China und gewachsen zu sein?
  • Wird das 21. Jahrhundert das Jahrhundert von China oder Indien?

Alois Ferscha, JKU Linz, kontert hier mit einer Gegenfrage:

  • Warum gibt es keine europäischen Unternehmungen, die sich mit Google, Facebook und Co vergleichen können?

Ferscha meinte dazu: Weil es zu wenig Garagen in Europa gibt. „Letztes Jahrhundert war das Jahrhundert der Amerikaner, weil es viele Garagen gegeben hat. Bill Gates hat in einer Garage begonnen.Ferscha sprach hier die Förderpolitik in Europa an: „Auch mit Horizon 2020 werden in Europa keine Garagen gebaut,“ d.h. das Problem sei die europäische Einstellung zum Unternehmertum. Freyberg ergänzte hier, dass nicht alles mit Geld zu lösen sei – Vorbilder schaffen, Erfolge feiern, mehr Kommunikation rund um die IKT sei mindestens genauso wichtig.

Im Zusammenhang von Förderung von Forschung und Innovation, wies Wolfgang Pribyl von JOANNEUM RESEARCH auf die Bedeutung der sozio-ökonomischen Aspekte – die Mentalität der Managementstrukturen – hin. Wichtig sei außerdem die Möglichkeit,  gemeinsamen Nutzung von Forschungseinrichtungen zu nutzen (wie EUROPRACTICE) und Kommunikation. Vor allem solle schon bei Kindern im Vorschulalter das Interesse für IKT geweckt werden.

Wolfgang Pribyl, Reinhard Ploss, Axel Freyberg und Alois Ferscha

Die Paneldiskussion mit Wolfgang Pribyl, Reinhard Ploss, Axel Freyberg und Alois Ferscha

Die OCG bedankt sich bei den Referenten und Teilnehmern für die rege Diskussion.

Über IKT Trends 2020

IKT Trends 2020 ist eine Veranstaltungsreihe der OCG in Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit). Das bmvit fördert mit dem Programm IKT der Zukunft anspruchsvolle Innovation und Technologieentwicklung. Als eines der Formate für den Zukunftsradar dieses nationalem Forschungsprogramms dient unter anderem die Veranstaltungsreihe IKT Trends 2020, die zu einem tieferen Verständnis der IKT und ihrer Charakteristik beitragen soll. IKT ist bereits jetzt ein Phänomen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung mit weithin unterschätzten, tiefgreifenden Auswirkungen. In mehreren Veranstaltungen werden Trends und zukunftsträchtige Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich IKT aus verschiedenen Perspektiven präsentiert.
Die Reihe startete im Jänner 2013 mit einer Keynote von Moshe Rappoport, IBM Research Schweiz.

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