OCG Forum Privacy – Neue Leitung

Nicht zuletzt aufgrund der Enthüllungen um das US-Überwachungsprogramm PRISM ist das Thema Datenschutz in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die OCG trägt dieser Entwicklung seit 2010 mit dem Forum Privacy Rechnung, dessen Leitung kürzlich neu besetzt wurde.

Noch vor kurzer Zeit wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit als Verschwörungstheoretiker abgetan, wer von einer umfassenden Überwachung der modernen elektronischen Medien durch Geheimdienste und Sicherheitsbehörden sprach. Zwei dieser „Verschwörungstheoretiker“, Walter Hötzendorfer und Christof Tschohl, leiten seit kurzem das Forum Privacy der OCG, welches 2010 als Arbeitskreis der OCG eingerichtet wurde. Spätestens seit den jüngsten Enthüllungen des US-Amerikanischen Überwachungsprogramms PRISM wird die Notwendigkeit für einen effektiven Schutz personenbezogener Daten in der Zivilgesellschaft auf breiter Basis diskutiert. Die Theorie der „Überwachungsverschwörung“ findet in den mittlerweile bekannten Fakten mehr Tatsachenbasis als sich Datenschützer wünschen: Der US-Geheimdienst NSA hat direkten Zugriff auf die Kommunikation und weitere Daten aller Nutzer der größten Web-Konzerne wie Microsoft, Google, Facebook und Apple, ohne im Einzelfall danach fragen zu müssen oder eine richterliche Genehmigung zu benötigen. Somit unterliegen nicht nur höchst private Daten, auch wirtschaftlich wertvolle Informationen innovativer Unternehmen und sensible Kommunikation von Behörden und Regierungen dem potenziellen Zugriff der NSA. Es ist zumindest zu hoffen, dass dies von europäischen IT-Unternehmen als Chance genutzt werden kann, sich mit EU-Datenschutzstandards im Rücken auf dem Markt zu etablieren.

Mittlerweile ist auch bekannt, dass auch europäische Geheimdienste auf Daten zugreifen, die durch US Behörden unter PRISM über europäische Bürger gesammelt werden, nach europäischem Recht aber gar nicht ermittelt werden dürften. Und in Europa ist auch die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungsdaten aller Internet- und Telekommunikationsanbieter in Kraft. Dies wird zwar zumindest nicht im Geheimen gemacht, aber es wird gemacht. Entsprechende Zweifel an der Vereinbarkeit dieser flächendeckenden verdachtsunabhängigen Datensammlung mit den EU Grundrechten haben den österreichischen Verfassungsgerichtshof motiviert, diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorzulegen.

Um jetzt und in Zukunft eine angemessene Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu schaffen, bedarf es eines breiten öffentlichen Diskurses, um eine mündige „digitale Zivilgesellschaft“ zu etablieren. Das Forum Privacy der OCG wird dafür weiterhin und verstärkt eine Plattform bieten und mit öffentlichen Veranstaltungen die zahlreichen Aspekte von Privacy anspruchsvoll und breit zu diskutieren. Innerhalb der OCG kann das Forum dabei an die Arbeit der anderen Arbeitskreise inhaltlich anknüpfen und zugleich in einer Art Klammerfunktion deren Schnittstellen zum Thema Privacy auch fachlich bedienen. Die enorme Vielfalt Datenschutz-relevanter Themen sei hier nur mit Stichworten umrissen, beispielsweise Cloud Computing, Energieinformatik, digitale Identitäten, Transparenz vs. Privacy und schließlich die Frage, welche Verantwortung privaten Unternehmen zwischen „staatlichen Überwachungsaufträgen“ und Bürgern zukommt.

Diese thematische Bandbreite widerspiegelt sich in der beruflichen und wissenschaftlichen Erfahrung der beiden neuen Arbeitskreisleiter.

Walter Hötzendorfer, Jurist und Wirtschaftsinformatiker, ist seit seiner Zeit als Student der TU-Wien Mitglied der OCG und beschäftigt sich als Forschungsassistent an der Arbeitsgruppe Rechtsinformatik (ARI) der Universität Wien mit den Schwerpunkten Datenschutz und elektronische Identitäten, worüber er derzeit auch promoviert.

Christof Tschohl, Nachrichtentechniker und promovierter Jurist, betreute über fünf Jahre das Thema Datenschutz am Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte (BIM) und arbeitet seit 2011 auch an Forschungsprojekten der ARI mit. Seit Ende 2012 ist er wissenschaftlicher Leiter des jungen Research Institute – Zentrum für Digitale Menschenrechte. Als Vorstandsmitglied des AKVorrat.at hat er die derzeit wieder sehr aktuelle „Verfassungsklage“ gegen die Vorratsdatenspeicherung mitinitiiert und ausgearbeitet.

Die Zusammenarbeit der beiden Co-Leiter ist erprobt und soll künfig auch im Forum Privacy Früchte tragen.

[Verfasst von Christof Tschohl und Walter Hötendorfer; erschienen auch im OCG Journal 2/2013]

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