Legal Hackers: Müssen Juristen der Zukunft programmieren lernen?

„Jeder Jurist kann ja bereits programmieren!“ – Das ist die erfreuliche Botschaft der jüngsten Veranstaltung der Legal Hackers, die am Donnerstag, 28. November 2019, in der Österreichischen Computer Gesellschaft stattgefunden hat. Stefan Eder (Benn-Ibler RA), Franz Kummer (weblaw), Bernhard Breunlich (lawyers & more) und Wolfgang Resch (OCG) diskutierten am Panel angeregt mit dem interessierten Fachpublikum über das Thema „Müssen Juristen der Zukunft programmieren lernen?“. Nun bedeutet das natürlich nicht, dass JuristInnen coden können (sollen oder gar müssen), sondern aufgrund ihres Studiums bereits über informatisches Denken im Sinne von Problemanalyse verfügen. Aufgrund ihrer Ausbildung können JuristInnen bei Problemen ihren Beitrag leisten, wo TechnikerInnen vielleicht anstehen.

Stefan Eder (BIRA), Bernhard Breunlich (lawyers & more),  Wolfgang Resch (OCG), Franz Kummer (weblaw)

Stefan Eder (BIRA), Bernhard Breunlich (lawyers & more), Wolfgang Resch (OCG), Franz Kummer (weblaw); Foto: E. Wickhoff

Stefan Eder, Anwalt und Partner bei Benn-Ibler Rechtsanwälte (BIRA), der mit seinem Wirtschaftsinformatikstudium auch über einen beeindruckenden technologischen Hintergrund verfügt, ist Gründer des Vienna Chapters der Legal Hackers. Ihm ist die Förderung der Erforschung und Entwicklung kreativer Lösungen an der Schnittstelle zwischen IT und Recht ein besonderes Anliegen. Als zweiten „Hut“ ist es Stefan Eder wichtig, ForscherInnen und AnwenderInnen im Bereich der Rechtsinformatik zusammenzubringen, was im Rahmen der Rechtsinformatikkonferenz ReMeP erfolgreich stattfindet.

Bei der kleinen Umfrage im Zuge der Veranstaltung „Müssen Juristen der Zukunft programmieren lernen?“ zeigte sich, dass dafür großes Interesse vorhanden ist, in erster Linie, um mit EntwicklerInnen reden und um Software verstehen zu können. Programmierkenntnisse werden auch für die persönliche Karriere als großer Vorteil gesehen, und es ist seitens der JuristInnen auch die Bereitschaft vorhanden, mehrere Wochen Zeit in den Erwerb der erforderlichen Kenntnisse zu investieren.

Franz Kummer, Weblaw AG, lehrt u. a. seit vielen Jahren auf verschiedenen Universitäten der Schweiz und bedauert, dass es während des Jus-Studiums so gut wie keine interdisziplinären Angebote oder gar Kombinationsstudien Jus-Informatik gibt. Die zusätzlich zum Studium angebotenen teilweise nur eintägigen Kurse (z. B. über Themen wie Blockchain) werden allerdings gut angenommen und zeigen das Bedürfnis der Studierenden auf, sich dem Thema IT zu nähern. Alle, die sich auf den Bereich LegalTech einlassen, haben damit einen gewichtigen Vorteil für ihr zukünftiges berufliches Leben und bedeuten für die anstellende Kanzlei einen großen Zugewinn.

IT-Qualifizierung bei JuristInnen wird immer wichtiger, ist Bernhard Breunlich, lawyers & more, überzeugt. Allerdings geht in allen Bereichen der Trend zu immer höherer Spezialisierung, da sind „Übersetzer“, die Zusammenhänge verstehen gefragt.

B. Breunlich, S. Eder, W. Resch, F. Kummer

B. Breunlich, S. Eder, W. Resch, F. Kummer; Foto: E. Wickhoff

Wird die KI Juristinnen ersetzen? – Ja, aber: Hier hat sich eine hitzige, sehr unterhaltsame Diskussion entsponnen, die wie die meisten Diskussionen über KI in gesellschaftspolitische und ethische Fragen mündete. Einig war man sich, dass bei Routinetätigkeiten zunehmend auch KI eingesetzt wird. Hier tut sich auch die Möglichkeit auf, dass durch Automatisierung Gerichtverfahren weniger teuer werden und dadurch der Zugang zum Recht leichter möglich wird. Den Anwältinnen und Anwälten wird aber noch lange der kreative Akt von Interpretation und Wertung bleiben, der (noch) nicht durch KI ersetzt werden kann.

Einen großen Raum nahm auch die Diskussion um LegalTech-Plattformen ein. Der Markt wird hier nicht von den Anwaltskanzleien, sondern von den Kunden getrieben, die erwarten, dass sich die Kanzleien an ihre Systeme anbinden.

Digital Skills, die werden – da waren sich alle einig – von JuristInnen, wie von allen Menschen, zur gesellschaftlichen Teilhabe benötigt. In welchem Maße und auf welchem Niveau Programmierkenntnisse erforderlich sind, das wird von der Entwicklung im Bereich LegalTech, von der Spezialisierung und dem Arbeitsgebiet abhängen.

Veranstaltungshinweis:
Internationales Rechtsinformatik Symposion IRIS 2020, 27.-29. Februar 2020, Salzburg

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